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Zusammenarbeit mit den Landesbausparkassen

Die Grundidee des Bausparens läßt sich an einem einfachen Beispiel darstellen: Angenommen, zehn Bauwillige ohne Eigenkapital wollen mit dem Ziel sparen, Wohneigentum in gleicher Preislage zu schaffen. Wenn jeder von ihnen in der Lage ist, ein Zehntel des erforderlichen Finanzierungsvolumens im Jahr zu sparen, so ist nach zehn Jahren bei jedem Einzelnen das nötige Kapital angesammelt. Schließen sich nun diese zehn Bauwilligen zusammen, so kann der erste von ihnen bereits nach einem Jahr sein Bauvorhaben realisieren, indem er die Sparvolumina der anderen neun mit hinzunimmt. Im zweiten Jahr kann dann der zweite bauen, wobei sich seine Finanzierungsmittel zusammensetzen aus neun Sparraten und einer Tilgungsrate des Bauherren, der im ersten Jahr sein Bauvorhaben realisieren konnte. Auf diese Weise kommen schließlich - verteilt über zehn Jahre - alle zu ihrem Ziel, und zwar im Durchschnitt 4,5 Jahre früher, als wenn jeder für sich die erforderlichen Mittel angesammelt hätte.

Dieses im Laufe der Jahre wesentlich komplexer gewordene Selbsthilfesystem nimmt eine bedeutende Stellung in der Bundesrepublik Deutschland ein, insbesondere im Hinblick auf die Förderung von Wohneigentumsbildung. Zur Zeit gibt es in der Bundesrepublik 22 private und 13 öffentliche Bausparkassen mit ca. 30 Mio. Bausparverträgen über eine gesamte Bausparsumme von 930 Mrd. DM. Die Landesbausparkassen haben einen Anteil von 30% am gesamten Bausparmarkt und sind somit Marktführer unter den Bausparkassen.

Neuprogrammierung des Bauspartechnischen Instrumentariums (NBI)

 
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Abbildung: Einzelvertrags- und Kollektivsimulation

Für die Jahre 1995 und 1996 stand die Neuprogrammierung des Bauspartechnischen Instrumentariums (NBI) im Mittelpunkt der Zusammenarbeit der Öffentlichen Bausparkassen mit der Arbeitsgruppe am Zentrum für Paralleles Rechnen. Diese Neuprogrammierung war zum einen durch eine veränderte Gesetzgebung notwendig geworden, deren Integration in das bisher verwendete Schichtenmodell nur schwer möglich war. Zum anderen bestand das zentrale Motiv in der Schaffung eines einheitlichen, objektorientieren Kernes, so daß zukünftige Erweiterungen leicht in das System integriert werden können. Diese Flexibilität wurde auch bei der Erstellung einer plattformunabhängigen Benutzeroberfläche angestrebt. So wird man zukünftigen Entwicklungen bei Rechnerumgebungen und Betriebssystemen leicht folgen können. Zudem wurde großes Gewicht auf eine flexible Schnittstelle zu vorhandener Standardsoftware (z.B. Tabellenkalkulation und graphische Weiterverarbeitung der Simulationsergebnisse) gelegt. Basierend auf dem einheitlichen Kern des NBI wurden die Einzelvertragssimulation und die Kollektivsimulation entwickelt:

Einzelvertragssimulation

In der Einzelvertragssimulation wird ein einzelner Bausparvertrag vorgegeben und simuliert. Dazu kann auf eine bereits vorhandene Bausparkasse und ihre Tarife zurückgegriffen werden, oder es kann eine fiktive Bausparkasse mit beliebigen Tarifen erzeugt werden, um strategische Szenarien zu simulieren. Für einen einzelnen Bausparvertrag sind verschiedene Aktionen möglich, wie z.B. Sparzahlung, Tilgungszahlung, Auszahlung, Darlehensverzicht, Erhöhung oder Ermäßigung der Bausparsumme sowie Fortsetzung.

Als Ergebnis erhält man eine Übersicht über alle relevanten Größen wie Laufzeit, Guthaben und Spargeld zum Zeitpunkt der Bewertung und zum Zeitpunkt der Zuteilung, spezielle Angaben zur Darlehensphase sowie jeweils einen Sparplan und einen Tilgungsplan.

Kollektivsimulation

Mit Hilfe der Kollektivsimulation können Prognosen erstellt werden, die die längerfristige Zuteilungsplanung der einzelnen Bausparkassen unterstützen und Aussagen über die Liquiditäts- und Ertragsentwicklung erleichtern. Die Kollektivsimulation basiert auf typischen Vertragsabläufen wie beispielsweise dem eines Regelsparers, die durch die Einzelvertragssimulation erzeugt werden. Den einzelnen Vertragstypen wird jeweils eine bestimmte Anzahl von Verträgen und die Höhe des Neugeschäftes zugeordnet. Außerdem werden die Periode der Neugeschäftsstartzeitpunkte und Start- und Endzeitpunkt der Simulation vorgegeben. Damit kann dann das Kollektiv in der Zukunft simuliert werden.

Als Ergebnis der Kollektivsimulation erhält man Aussagen über für die Bausparkassen relevante Größen wie z.B. Höhe der Bauspareinlagen, Bauspardarlehen sowie Spareinzahlungen und Zuteilungen für die jeweils letzte Simulationsperiode. Diese Größen liegen sowohl für das gesamte Kollektiv als auch für einzelne Verträge, Vertragstypen und Tarife vor.

Einsatz von Clusterverfahren

 

Ein weiterer Schwerpunkt der jüngsten Vergangenheit lag in der Weiterentwicklung bestehender Modelle mit dem Ziel, eine Verbesserung der Prognosequalität zu erreichen. Zu diesem Zweck versuchen wir, die Bausparer mit ähnlichem Sparverhalten in möglichst repräsentative Gruppen zu unterteilen.

 
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Abbildung: Clusterung nach Spargeldeingang, Anspargrad und Vertragssumme (VS)

Grundsätzlich geht es bei Clusterverfahren darum, eine Menge von Objekten so in Gruppen einzuteilen, daß die Mitglieder derselben Gruppe einander möglichst ähnlich und Mitglieder unterschiedlicher Gruppen möglichst verschieden sind. Mathematisch ausgedrückt heißt dies, daß man versucht, eine auf der Menge der Partitionen der Objektmenge definierte Funktion zu optimieren. Dabei stößt man auf verschiedene theoretische wie praktische Schwierigkeiten. Hierzu zählt die Wahl einer Zielfunktion, die eine zufriedenstellende Struktur der Cluster liefert und sich auch bei Datenmengen von bis zu 3 Mio. Konten mit jeweils etwa 50 Merkmalen noch in akzeptabler Zeit optimieren läßt. (Die aus der Literatur bekannten Beispiele gingen bis vor kurzem nicht über einige hundert Objekte mit höchstens acht Merkmalen hinaus.)

Das Finden einer Partition mit minimalem Maximalabstand innerhalb eines Clusters gehört zur Klasse der NP-schweren Probleme, für die wenig Hoffnung besteht, mit algorithmischen Verfahren in akzeptabler Zeit ein exaktes Optimum zu finden. Andererseits läßt sich der Minimalabstand zwischen verschiedenen Clustern relativ schnell maximieren - man hat es im wesentlichen mit der Bestimmung eines minimalen aufspannenden Baumes zu tun. Leider liefert dieses Verfahren keine für die hier verfolgten Zwecke brauchbaren Ergebnisse, da es üblicherweise eine Reihe von Gruppen mit jeweils wenigen ,,Ausreißern`` formt sowie eine große Gruppe von ,,Normalkonten``.

Es gelang der Arbeitsgruppe am ZPR, mit der sogenannten ,,Zentroidmethode`` zufriedenstellende Ergebnisse in vertretbarer Laufzeit zu erzielen. Dabei wird eine Reihe von Zentralpunkten gewählt, denen jeweils eine Gruppe von Punkten zugeordnet wird; durch Verschieben der Zentralpunkte wird nun versucht, die (geeignet gewichtete) Summe der Abstände der Punkte zu ihrem Zentralpunkt zu minimieren. Praktische Untersuchungen zeigen, daß man bereits gute Ergebnisse erhält, wenn man sich auf eine lokale Suche beschränkt.

Für die am ZPR verfolgten Zwecke war für die Beurteilung einer Clusterung vor allem die praktische Einsatzfähigkeit von Bedeutung. Es konnte gezeigt werden, daß die Nutzung des genannten Clusterverfahrens gegenüber dem vorher verwendeten Rasterverfahren die Prognose verbessert. Darüber hinaus wird das entwickelte Verfahren intensiv zur Datenanalyse eingesetzt. Damit sollte es in naher Zukunft möglich sein, detaillierte Erkenntnisse über bestimmte Muster von Kundenverhalten zu erhalten.


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Webmaster <www@zpr.uni-koeln.de>, 7. Apr. 1997