Ein neuer Ansatz:
Das mesoskopische Modell

In dem nun entwickelten neuen Modellansatz sollen die Vorteile der beiden bisher entwickelten Modelle (Schichtenmodell und Mikrosimulationsmodell) kombiniert und ihre Nachteile eliminiert werden. Dabei werden weiterhin die schon für das Mikrosimulationsmodell erhobenen Daten zur Abbildung des Bestandes zugrundegelegt. Es handelt sich dabei i.a. um 500.000 bis 3 Mio. Einzelkonten pro Bausparkasse mit jeweils 49 Kontoeinträgen wie Vertragsnummer, Vertragssumme, Guthaben, Darlehensstand, Spargeldeingang, Guthabensauszahlung etc. im Zeitverlauf. Wie schon dem älteren Schichtenmodell liegt auch dem neuen Modellansatz die Idee zugrunde, daß Verträge mit ähnlichem Muster im Sparverhalten für die Prognose zu Gruppen zusammengefaßt werden können. Anders als im älteren Modell werden diese Gruppen aber auf der Basis der Einzelkonten definiert, wobei nur diejenigen Verträge betrachtet werden, deren Sparphase vollständig bekannt ist. Bestimmt werden diese Gruppen außer durch ihr Sparverhalten auch noch durch ihre gesamte Vertragssumme zu einem bestimmten Abschlußzeitpunkt.

Das Zusammenfassen dieser Verträge zu verschiedenen Gruppen erfolgt mit Hilfe von Clusteralgorithmen. Dazu wird über den jährlichen Spargeldeingang der Konten ein Abstandsmaß definiert. Ein Cluster, also eine Gruppe von Verträgen, wird durch seinen ebenfalls über den Spargeldeingang berechneten Schwerpunkt repräsentiert. Dabei muß das oben erwähnte Abstandsmaß verträglich mit der Berechnung des Schwerpunktes sein, außerdem wird jedes Konto mit seiner Vertragssumme gewichtet. Ziel der Clusteranalyse ist es, die Cluster so zu bestimmen, daß die Abstände der Konten zu ihren Clusterschwerpunkten möglichst klein werden und somit automatisch homogene Sparergruppen entstehen. Die Schwerpunkte dieser berechneten Cluster bestimmen das Verhalten der Prototypen für die Simulation.

Auf die beschriebene Weise lassen sich aus den Verträgen mit vollständig bekannter Sparphase Prototypen für das Ansparverhalten gewinnen. Obwohl dieses Verfahren automatisch und ohne Zusatzinformationen abläuft, stellt sich heraus, daß sich unter den so erhaltenen Prototypen auch die von den Bausparkassen empirisch beobachteten und im Schichtenmodell berücksichtigten Sparer wie Regelsparer, Soforteinzahler, Zuzahler etc. wiederfinden.

Zuordnungsproblematik

Die bisherige Einschränkung auf Verträge, deren Sparphase vollständig bekannt ist, diente lediglich der Definition prototypischen Verhaltens. Da diese Verträge weitestgehend abgewickelt sind, sind sie für die eigentliche Prognose nur in ihrer Darlehensphase von Bedeutung.

Im nächsten Schritt muß daher festgelegt werden, welchem Prototypen ein im aktuellen Bestand vorhandener Sparer, dessen Sparphase noch nicht abgeschlossen ist, zugeordnet werden soll. Vor allem junge Verträge, die nur über einen kurzen Zeitraum beobachtet werden können, lassen sich in der Regel nicht eindeutig zuordnen. Daher werden für jeden Prototypen Unter- und Obergrenzen der Anteile bzgl. der Anzahlen ermittelt, die beim Zuordnen eingehalten werden müssen. Die Zuordnung selbst erfolgt mit Hilfe eines Min-cost-flow-Ansatzes so, daß unter Berücksichtigung dieser Schranken die Summe der Abstände eines jeden einzusortierenden Vertrages zu seinem Zentralpunkt minimal wird.

Erstellen von Prognosen

Wurde wie beschrieben der Bestand zu einem bestimmten Zeitpunkt den Prototypen zugeordnet, so müssen noch für die zu simulierenden Zeiträume das Neugeschäftsvolumen und die jeweilige Verteilung auf die einzelnen Prototypen vorgegeben werden. Dazu können beispielsweise aus dem Bestand erhobene Vergleichsgrößen herangezogen werden. Danach kann die (wie beim Schichtenmodell deterministische) Bestandsfortschreibung in die Zukunft erfolgen.

Behandlung von Sonderverhalten

Eine besondere Behandlung erfordern Verträge, die nach dem Ende ihrer Sparphase nicht oder nicht sofort in die Zuteilungs- und anschließend in die Darlehensphase übergehen oder die sich schon während ihrer Sparphase durch ein gewisses Sonderverhalten auszeichnen - hier sind Kündigungen und Veränderungen der Vertragssumme zu nennen. Für sie werden eigene Gruppen gebildet, deren Verhalten sich aus den für den Gesamtbestand ermittelten Prototypen und ihrem Sonderverhalten zusammensetzt. Mit Hilfe von für die Vergangenheit erstellten Häufigkeitstabellen werden dann für die einzelnen Prototypen Anteile festgelegt, die zu einem bestimmten Zeitpunkt in ein bestimmtes Sonderverhalten abzweigen.

Zur Leitseite "Simulation von Bausparkollektiven"