Anknüpfend an unsere Untersuchungen des CA-Modells nach Nagel und Schreckenberg wurden in einer Dissertation und einer unterstützenden Diplomarbeit die phänomenologischen Eigenschaften verschiedener mikroskopischer Verkehrsflußmodelle genauer analysiert. Dabei wurde ein neues Fahrzeugfolgemodell entwickelt, das inzwischen auch standardmäßig in unserer Simulationssoftware PLANSIM-T Anwendung findet.
Ausgangspunkt der Betrachtungen waren empirische Untersuchungen zur Dynamik des Verkehrsflusses durch Kerner und Rehborn. Dort wurde nachgewiesen, daß Straßenverkehr in drei qualitativ verschiedenen Zuständen, nämlich dem Zustand des freien Verkehrs, des synchronisierten Verkehrs und des Staus vorgefunden werden kann. Die Übergänge zwischen verschiedenen Verkehrszuständen wurden als Phasenübergänge erster Ordnung interpretiert.
Staus sind, abgesehen von ihrer offensichtlichen Eigenschaft, einen Verkehrsfluß hoher Dichte und niedriger Geschwindigkeit zu besitzen, durch folgende Eigenschaften charakterisiert:
Eine Spezialisierung dieser Modellfamilie führt auf eine
Unterfamilie, die durch die freien Parameter a und b, die typische
Beschleunigungs- bzw. Verzögerungsfähigkeiten der
Einzelfahrzeuge bezeichnen, charakterisiert wird. Je nach Wahl der
freien Parameter a und b und der Maximalgeschwindigkeit der
Fahrzeuge
zeigt das Modell drei qualitativ
unterschiedliche Verhaltensweisen, die durch eine Einteilung der
Modellfamilie in drei Klassen phänomenologisch jeweils gleichartiger
Modelle charakterisiert wird.
Phänomenologisch gesehen sind der Klasse I neben dem neuentwickelten Modell auch das makroskopische Kerner-Konhäuser-Modell, neuere Zellularautomatenmodelle und mit Einschränkungen auch das Optimal-Velocity-Model von Bando zuzuordnen. Klassische CA-Modelle des Verkehrsflusses, wie das Nagel-Schreckenberg-Modell sind den Klassen II und III zuzuordnen.
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Für eine praktische Anwendung, beispielsweise im Bereich des
Verkehrsmanagements auf Schnellstraßen, sind nur Modelle der Klasse Igeeignet, weil die anderen beiden Klassen die Dynamik der Stauentwicklung
falsch oder gar nicht abbilden.
Die Update-Regeln für das im Rahmen unserer Forschung entwickelte
Modell sind fast so einfach wie die der klassischen CA-Modelle,
allerdings verwendet es kontinuierliche Ortskoordinaten x und
Geschwindigkeitswerte v. Für jeden Zeitschritt werden die folgenden
Operationen durchgeführt:
Dieses Modell für den Einspurverkehr läßt sich in einfacher Weise unter Wahrung der qualitativen Modelleigenschaften auf Mehrspurverkehr verallgemeinern. Nach dieser Verallgemeinerung wird eine exzellente quantitative Übereinstimmung der Modelleigenschaften mit empirisch ermittelten Daten der Verkehrsdynamik erreicht.