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3V - Verteilte Verkehrssimulation und Visualisierung

Ein Pilotprojekt innerhalb des erweiterten Gigabit-Testbeds West zur Erprobung kooperativer Arbeitsformen, flexibler Visualisierungsmechanismen und hochbandbreitiger Multicastkommunikation.

Im Zuge des 3V-Projektes wird das Gigabit-Testbed West (GTB-W), das in seiner ersten Phase lediglich das FZ-Jülich mit der GMD in Sankt-Augustin bei Bonn durch eine 2.4 GBits/s ATM-Strecke verbindet um die Standorte DLR (Köln Porz), Universität zu Köln und Kunsthochschule für Medien erweitert. Ziel des Gigabit-Testbeds ist es, hochbandbreitige Anwendungen zu befördern, die bislang nicht durchführbar waren, und so ein bundesweites Breitbandwissenschaftsnetz vorzubereiten.

Ausgangspunkt des 3V-Projektes ist die verkehrliche Beurteilung operativer, taktischer oder strategischer Maßnahmen zur Beeinflussung des Geschehens im Straßenverkehr. Sie obliegt den unterschiedlichsten Entscheidungsträgern aus der Politik, der Stadtplanung, den Verkehrswissenschaften oder dem Kraftfahrwesen, nicht zuletzt aber auch jedem betroffenen Verkehrsteilnehmer. So unterschiedlich wie die Ausbildung der betroffenen Personengruppen sind auch ihre Gewohnheiten, ihre Erkenntnisse zu formulieren und zu visualisieren. Als wichtiges Werkzeug bei der Bewertung verkehrlicher Maßnahmen ist in den letzten Jahren die Simulation von Straßenverkehr mit Hilfe von modernster Computertechnik entstanden (vgl. Abschnitt ,,Forschungsschwerpunkt Verkehr``).

Bislang war es auf Grund der begrenzten Bandbreiten nicht möglich, heterogen zusammengesetzten Arbeitsgruppen am jeweiligen Arbeitsort ihrer Mitglieder eine Visualisierung anzubieten, die in Art und Umfang der Datenanzeige ihren Gewohnheiten und Bedürfnissen entspricht. Das Gigabit-Testbed West wird es erstmals erlauben, eine Verkehrssimulation in großen Straßennetzen in Echtzeit einschließlich der zugehörigen Visualisierung verteilt durchzuführen. Auf diese Weise wird die Zusammenarbeit ,,virtueller Arbeitsgruppen``, z.B. aus Verkehrsforschern, Beamten der Verkehrsleitzentrale und Verkehrspolitikern ermöglicht. Ein Rückkanal von der Anzeige zur Simulation wird die reine Datenrezeption um eine interaktive Komponente erweitern. So können zum einen die Wirkungen operativer Maßnahmen der Verkehrssteuerung - z.B. Straßensperrung bei einem Großunfall - adhoc bewertet werden, zum anderen die langfristigen Einfüsse verkehrsplanerischer Eingriffe - z.B. veränderte Emissionsbelastung durch variable Ampelschaltungen - anschaulich gemacht werden. Dazu soll es dem Benutzer möglich sein, seinen Beobachtungsstandpunkt individuell zu wählen, oder ein Fahrzeug auf einer frei zu bestimmenden Route durch den Verkehr zu manövrieren - als ,,virtuelles Taxi``.

Die sehr unterschiedlichen Hard- und Softwareanforderungen von Simulation und Visualisierung schlossen lokale Komplettlösungen, die verschiedenste Problemansichten gleichzeitig darstellen, bisher aus. Bei dem in 3V umgesetzten verteilten Ansatz wählen die Endnutzer unabhängig von der eigentlichen Simulation die ihren Bedürfnissen adäquate Form der Visualisierung aus. Für die beschriebenen Szenarien bieten sich eine technisch-wissenschaftliche Visualisierung, die die Analyse der Verkehrsforscher erleichtert, und eine realitätsnahe Visualisierung, die sich der Methoden der ,,virtuellen Realität`` (VR) bedient und von politischen Entscheidern und der interessierten Öffentlichkeit bevorzugt wird, als Anzeigeoptionen an.

Die Rechenleistungsanforderungen der Verkehrssimulation machen eine Erzeugung des Datenstroms einzeln für jeden Anzeigeplatz unmöglich. Die Simulation des Berliner Stadtverkehrs ist eines der innerhalb von 3V untersuchten Szenarien. Bis zu 100.000 Autos samt ihrer Umgebung müssen dazu in Echtzeit simuliert werden. Der anfallende Simulationsdatenstrom beziffert sich auf etwa 400 Mbit/s und liegt damit deutlich oberhalb der heute gängigen 155 Mbit/s. Die Kommunikationsleistung eines Endsystems ist schon bei mehr als einem Visualisierungsplatz ausgeschöpft.

Durch den Einsatz von modernen Punkt-zu-Mehrpunkt Übertragungsmethoden, dem Multicast, muß der Simulationsdatenstrom, der den Zustand des Verkehrssystems mit allen Fahrzeugdaten enthält, nur ein einziges Mal durch den Simulator erzeugt werden. Das Netzwerk leistet, falls notwendig, die Replikation der Daten. Der Sender wird von dieser Aufgabe befreit. Die klassische Routertechnik erreicht die notwendigen Replikationsraten für Datenströme dieser Größenordnung allerdings nicht. Erst die Geräte der Gigabit-Generation sind für anspruchsvolle Anwendungen, wie sie die verteilte Simulation und Visualisierung darstellt, geeignet. Ihr Einsatz wird im Zuge des Projektes getestet und analysiert. Neben der Umsetzung und Erprobung des Datentransfers zur verteilten Visualisierung mit Hilfe von Multicast-Techniken werden die vorhandenen Simulations- und Visualisierungstools in ein Rahmenwerk, das verläßliche Multicastverbindungen gewährleistet, eingebettet. IP-Multicast, natives ATM-Multicast sowie deren Wirkung auf parallele Unicast-Verbindungen sind Gegenstand der Betrachtungen.

Das 3V-Projekt wird vom Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft, Forschung und Technologie (BMBF), dem Ministerium für Schule, Wissenschaft, Weiterbildung und Forschung (MSWWF) des Landes Nordrhein-Westfalen und dem DFN-Verein gefördert. Neben unserer Arbeitsgruppe arbeiten das Forschungszentrum Informationstechnik GmbH (GMD), das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) sowie die Firma echtzeit GmbH im Projekt mit.


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1999-07-28